Glas im Glas im Glas – Eine Annäherung an das druckgraphische Schaffen von Hugo Suter

1992 stellte Hugo Suter (1943 – 2013) im Swiss Institute New York aus. Zur Ausstellung, die den Titel A Wheel in a Wheel trug, erschien ein Katalog, die Vorzugsausgabe enthielt eine kleinformatige Druckgraphik des Schweizer Künstlers. Diese Arbeit befindet sich heute in der Graphischen Sammlung ETH Zürich, zusammen mit interessantem Material aus dem Druckprozess. Dessen aussergewöhnlicher Charakter und spezifische Umstände werden nun im Rahmen eines Projekts untersucht.

Abb. 1: Hugo Suter, Ohne Titel, 1992, Hyalographie, ca. 24 × 16.5 cm, Inv.-Nr. 1995.65.1, Graphische Sammlung ETH Zürich / © Hugo und Mariann Suter Stiftung

Glas-Zeichnung
Zuerst, ganz einfach: Was zeigt uns der Künstler auf dem kleinformatigen Werk? Zuvorderst eine Lupe, mit der eine zweite Lupe betrachtet wird, durch die wiederum ein Trinkglas inspiziert wird – Glas im Glas im Glas eben.
Dann, etwas schwieriger: Welcher Drucktechnik hat sich der Künstler bedient? Wer sein Schaffen kennt, wird nicht überrascht sein, dass es sich um einen – vergleichsweise selten vorkommenden – Glasdruck handelt. Hierbei wird das gewünschte Motiv auf eine Glasscheibe übertragen, die dann als Druckplatte verwendet wird. Eindeutig bestimmen lässt sich ein Glasdruck anhand des Abzugs nur bedingt, eindeutige Anhaltspunkte fehlen bei dieser Tiefdrucktechnik. In diesem glücklichen Fall wurde der Begriff «Hyalographie» von Suter selbst unter dem Plattenrand vermerkt und die Graphische Sammlung ist im Besitz der Druckplatte (Abb. 2). Es lässt sich im Nebeneinander von bearbeiteter Scheibe und Druckgraphik wunderbar nachvollziehen, wie die verschiedenen Spuren im Glas auf dem Papier wiedergegeben werden.

Abb. 2: Die gläserne Druckplatte und die Druckgraphik im Vergleich / © Livio Baumgartner

Rätselhafte Bearbeitung
Schliesslich, noch ungeklärt: Wie genau hat der Künstler die Druckplatte präpariert? Aus detaillierten Berichten von Hugo Suter wissen wir, dass er seine Glasscheiben auf unterschiedliche Weisen bearbeitet hat: mit Säure einerseits, dem Sandstrahler andererseits. Durch diverse drucktechnische und manuelle Verfahren brachte er beispielsweise Beschichtungen auf, die das Glas vor der Säure oder dem Sand schützten, und transferierte so seine Motive auf die Scheibe. Bei der vorliegenden Druckplatte liegt die Bearbeitungsweise noch im Dunkeln.
Zuletzt und zusätzlich: Wer hat die Fotografie (Abb. 3) aufgenommen, die sich ebenfalls in der Graphischen Sammlung befindet? Auf einem Sockel montiert steht die Druckplatte vor der dahinter hängenden Druckgraphik und bildet zugleich die Folie für den Schattenwurf dahinter. Es war wohl der Künstler selbst – er, der unter anderem virtuos mit Sprache umgehen konnte und Wortspielereien liebte. Die Druckplatte vor der Druckgraphik, die Druckplatte auf der Druckgraphik, das Glas im Glas im Glas durch das Glas im Glas im Glas, das Glas im Glas auf dem Glas – und so weiter eben.

Abb. 3: Hugo Suter [?], Ohne Titel, undatiert, Fotografie, 23.7 × 14.7 cm, Inv.-Nr. 1995.68, Graphische Sammlung ETH Zürich / © Hugo und Mariann Suter Stiftung

Zweijähriges Forschungsprojekt
Das druckgraphische Schaffen von Hugo Suter steht im Zentrum eines umfassenden Projekts, das die Graphische Sammlung in Zusammenarbeit mit der Hugo und Mariann Suter Stiftung lanciert hat und u.a. 2026 in eine Ausstellung münden soll. Ziel ist es, diesen wichtigen Teil von Hugo Suters weit verzweigtem Werk wissenschaftlich zu erfassen, die vielseitigen Verbindungen darin aufzudecken – und in diesem Zusammenhang die vielen offenen Fragen zu beantworten.


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