James Turrell zählt zweifellos zu den bedeutendsten Kunstschaffenden der Gegenwart. Vor einiger Zeit installierte der Künstler (geb. 1943 in Los Angeles) in einem Pavillon des Kinderspitals Zürich seinen Lichtraum «My Light», in dem Patient:innen, Angehörige und Mitarbeitende Ruhe und Trost finden. Für den Spital-Neubau ist nun eine grosse Installation Turrells mit dem Titel «My Sky» vorgesehen, die 2024 fertiggestellt wird. Dies nimmt die Graphische Sammlung ETH Zürich zum Anlass, ihre reichen druckgraphischen Bestände des Künstlers in einer Ausstellung zu präsentieren.
Im Jahre 1984 schuf James Turrell zum ersten Mal Druckgraphik. Angeregt durch den Verleger Peter Blum fand er im Zürcher Kupferdrucker Peter Kneubühler den idealen Partner. Die Graphische Sammlung ETH Zürich besitzt seit 2008 aus dem Nachlass der Stiftung Peter Kneubühler über 150 druckgraphische Werke von James Turrell, darunter Probedrucke und verschiedene Zustände. Sie stehen im Zentrum der Präsentation.
Heute interessieren Turrells Werke nicht zuletzt, weil sie an der Schnittstelle von verschiedenen, auch naturwissenschaftlichen, Disziplinen situiert sind. Es gibt Berührungspunkte zu Architektur, Land Art, Astronomie, Luft- und Raumfahrt, Physik, Erdwissenschaften, Medizin, Wahrnehmungspsychologie sowie Mystik. Wenn nun eine Ausstellung in der Graphischen Sammlung ETH Zürich geplant ist, so soll insbesondere diese Multiperspektivität auf sein Werk im Zentrum stehen und dadurch eine neue, zum Teil auch unerwartete Sicht auf sein Schaffen ermöglichen. Zugleich findet eine Tagung statt, die nationale und internationale Forschende verschiedener Fachrichtungen zusammenbringt.
Im Nachgang zur Tagung ist eine Publikation geplant, in der die Erkenntnisse der Forschenden veröffentlicht werden.
Kuratorin: Dr. Linda Schädler, Leiterin Graphische Sammlung
James Turrell (*1943)
Shanta, Blatt aus der Serie First Light, 1989
Aquatinta
108 x 76 cm
Inv.-Nr. 2008.1472.2 Graphische Sammlung ETH Zürich / © James Turrell
Wer die Augen schliesst und an Albrecht Dürer (1471-1528) denkt, der sieht etwas. Sei es sein Selbstbildnis aus dem Jahr 1500, in dem er es wagte sich ikonenhaft und christusgleich zu inszenieren, sei es das in Aquarell ausgeführte Rasenstück, mit dem er den Boden unter unseren Füssen zum Bildgegenstand auf Augenhöhe erhob oder sei es sein omnipräsenter Kupferstich der nackten Ureltern, in dem er seine Studien zur Proportion des menschlichen Körpers zusammenfasste und zugleich bewies, dass Künstler wie er keine Farben brauchen, um die Natur selbst zu übertreffen.
Ob die Wirkmacht eines Künstlers oder einer Künstlerin über die Zirkel eines elitären kunstaffinen Publikums hinausreicht, bemisst sich daran, ob man ihn oder sie auch ausserhalb von wohltemperierten Museumsräumen antrifft. Reproduktionen von Albrecht Dürers Bildschöpfungen haben so ziemlich jeden erdenklichen Ort erobert: vom Schulbuch, über das grosselterliche Schlafzimmer oder zuletzt die öffentlichen Freibäder, gehören doch seine «Betenden Hände» oder die rätselhafte «Melancholia» inzwischen zum Standartrepertoire eines jeden Tattoostudios.
Die Graphische Sammlung ETH Zürich besitzt Albrecht Dürers druckgraphisches Werk nicht nur nahezu vollständig, sondern auch in beneidenswerter Qualität, darunter sogar Exemplare seiner raren Eisenradierungen und Kaltnadelarbeiten. Die Auswahl der Werke für die Ausstellung wird sich darauf konzentrieren, Dürers Relevanz für aktuelle Kunstdiskurse hervorzuheben und ihn als einen Künstler zu würdigen, dem es vor allem in seinem druckgraphischen Werk gelang, nicht allein Norm sprengend, sondern auch Mass gebend zu sein.
Kuratorin: Dr. Susanne Pollack, Graphische Sammlung ETH Zürich
Albrecht Dürer (1471-1528)
Nemesis
Kupferstich, 33.1 x 23 cm Inv.-Nr. D 807 Graphische Sammlung ETH Zürich