had Mr. Cosway permitted me to paint professionally – Maria Cosways Selbstporträt von 1787

Wer sich mit dem ereignisreichen Leben von Maria Cosway (1760-1838) beschäftigt, lernt viel über das ausgehende 18. und beginnende 19. Jahrhundert. Kaum eine illustre Persönlichkeit jener Zeit aus Kultur oder Politik, die nicht mit ihr in Verbindung stand. Angelica Kauffmann, William Blake, Thomas Gainsborough, Quobna Ottobah Cugoano, der Prince of Wales und spätere King Georg IV., Isabella Teotochi Albrizzi, Jacques-Louis David, Napoleon oder Thomas Jefferson – im Leben all dieser Menschen, und vieler mehr, hat Maria Cosway ihre Spuren hinterlassen.

Von dieser Kosmopolitin besitzt die Graphische Sammlung ETH Zürich ein bemerkenswertes Porträt in Mezzotinto von Valentine Green (Abb.1). Das Blatt gibt ein in Öl ausgeführtes Selbstbildnis Cosways wieder, das 1787 in der Royal Academy ausgestellt war, heute aber, wie viele ihrer Ölgemälde, als verschollen gilt.

Abb. 1: Valentine Green nach Maria Cosway, Selbstporträt von Maria Cosway, 1787, Mezzotinto, Graphische Sammlung ETH Zürich

Maria Cosways Selbstporträt
Die Künstlerin malte sich in einem modischen, aber vergleichsweise schlichten Kleid, mit den für die Zeit typischen toupierten, gepuderten Haaren und einem Turban sitzend vor einer Landschaft, die aus nichts als einer schnurgeraden Horizontlinie besteht, darüber Wolken im Dämmerlicht. Um den Hals trägt sie ein schwarzes Band, das durch ein Medaillon in Herzform zusammengeführt wird und an dessen Schlaufe in Brusthöhe ein Kreuz hängt. Die Kombination der Symbole Kreuz und Herz mit der unter- aber auch immer wieder aufgehenden Sonne verweist auf die Tugendtrias Fides, Caritas und Spes (Glaube, Liebe und Hoffnung), als deren Personifikation sich Cosway hier subtil inszeniert. Prägend für die Wirkung des Bildes sind Cosways ruhiger, selbstbewusster Blick und die ungewöhnliche Geste der vor der Brust verschränkten Arme, die ihr einen Hauch unverblümter Entschlossenheit verleihen.

Abb. 2: Angelica Kauffmann, Selbstbildnis mit Büste der Minerva, 1780, Öl auf Leinwand, Bündner Kunstmuseum (links); Louise-Élisabeth Vigée-Le Brun, Selbstbildnis, 1790, Öl auf Leinwand, Uffizien, Florenz (rechts)

Abb. 3: Francesco Bartolozzi nach Alexandre Roslin, Porträt von Maria Christina von Österreich, 1782, Punktiermanier, Graphische Sammlung ETH Zürich

Cosways Porträt im Vergleich
Was konkret an diesem Bildnis so bemerkenswert ist, zeigt sich vor allem im Vergleich mit anderen Porträtdarstellungen der Zeit. Zuerst mit den Selbstporträts ihrer Malerkolleginnen, etwa Angelica Kauffmann oder Louise-Élisabeth Vigée-Le Brun. Sie porträtierten sich, nachvollziehbarerweise, immer wieder selbstbewusst als Malerinnen bei der Arbeit (Abb. 2). Auf Cosways Selbstporträt finden sich hingegen keinerlei Hinweise auf ihre künstlerische Tätigkeit.
Ebenso lohnt der Vergleich mit Porträts anderer nobler Damen der Zeit. Typisch sind hier kecke und verspielte Posen kombiniert mit Accessoires wie Fächern, Blumen oder Büchern, die heute nicht selten den Beigeschmack des unangenehm Gekünstelten haben (Abb. 3). Maria Cosways unaffektierte Ernsthaftigkeit steht dazu in angenehmem Kontrast.

Abb. 4: William Russel Birch nach Richard Cosway, A View from Mr. Cosway’s Breakfast-Room Pall Mall,1789, Punktiermanier, The British Museum, London

Mein Haus, meine Aussicht, meine Ehefrau
Am aufschlussreichsten ist letztlich der Vergleich mit Porträts von Maria Cosway, die nicht sie selbst, sondern ihr Ehemann, der berühmte Miniaturist und Kunstsammler Richard Cosway, angefertigt hat. Just 1787, also im selben Jahr, in dem in der Royal Academy auch Maria Cosways Selbstporträt gezeigt wurde, war dort auch ein Ölgemälde von Richard Cosway ausgestellt, das ebenfalls nur durch eine druckgraphische Reproduktion überliefert ist (Abb.4).
Auf diesem Bild erscheint Maria Cosway an einem riesigen Fenster sitzend in einer Reihe mit dekorativen Topfpflanzen. Sie schaut sinnend auf die Silhouette Londons, aus der Westminster Abbey prominent hervorragt, das Büchlein in ihrer herabgesunkenen Hand scheint sie dabei längst vergessen zu haben. Das «Stillleben» wird unterbrochen durch ein betont harmloses Schosshündchen, das mit seinem zwischen die Hinterbeine geklemmten Schwanz im Begriff ist an Maria Cosway emporzuspringen – ein nur allzu deutlicher Verweis auf Marias Pflichten und Rolle als treue Ehefrau.
Diese Inszenierung Maria Cosways als Teil der häuslichen Einrichtung ihres Mannes wird durch die Bildunterschrift abgerundet: In der ersten und deutlich grösser geschriebenen ersten Zeile heisst es:

A View from Mr. Cosway’s Breakfast-Room Pall Mall
Und etwas kleiner darunter:
With the Portrait of Mrs. Cosway

Es ist bekannt, dass Maria Cosway von ihrem Maler-Gatten nie die Erlaubnis erhielt, für Honorar zu arbeiten und ihr damit der Status einer professionellen Malerin verwehrt blieb. Sie selbst schrieb rückblickend auf ihr Leben:
[…] had Mr: C. [Cosway] permitted me to paint professionally, I should have made a better painter but left to myself by degrees, instead of improving, I lost what I had brought from Italy of my early studies.
Maria Cosways so auffällig inszenierte verschränkte Arme, die den Ehering an ihrer rechten Hand deutlich sichtbar hervortreten lassen, scheinen in Anbetracht dieser Umstände wie eine bewusst gewählte visualisierte Verschränkung ihrer Ehe und der daraus resultierenden Untätigkeit ihrer Hände. Wir wissen nicht, wie weit entfernt Maria Cosways Selbstporträt und ihre Darstellung durch ihren Mann 1787 in der Royal Academy voneinander hingen – allein zwischen ihrer Eigenwahrnehmung und der Wahrnehmung von ihr durch ihren Mann hätte es wohl kaum eine grössere Distanz geben können.


Kommentare

  1. Heinrich Gattiker

    Wunderbarer Artikel. Schade nur, dass in der Ausstellung so wenig zu erfahren war über die verschiedenen Bilder. Und natürlich über diese ganz spezielle Frau (Ms Cosway). Man hätte so viel vernehmen können. Auch Hintergrund über die anderen Bilder wäre spannend gewesen.
    Wir steht es eigentich um die Fabel von Amor und Psyche ? Wie lautet die Geschichte ? Dann häte man die Bilder viel aufmerksamer betrachtet und genossen. Die leidenschaftliche Pose der Psyche zum Beispiel als Zeichen ihrer grenzenlosen Liebe für die sie sie schliesslich ja zur Göttin gemacht wurde.
    Die Ausstellung wäre auch prominenter rezensiert und besser besucht worden ? Dennoch – alles sehr gut.

    Antworten

ARTIKEL KOMMENTIEREN

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

*